Ein aufrechtstehender Holzbalken. Teil einer um 1720 bei Trier gepflanzten, im Winterhalbjahr 1838/1839 geschlagenen Eiche. Als Vierkantholz zurechtgeschnitten, mit einer rechteckigen Aussparung versehen, um fast 200 Jahre lang als Türsturz und architektonischer Halt eines Hauses zu dienen – vernarbt, gerissen, geformt von der Schwere der ihm auferlegten Last.
Nunmehr tiefschwarz gebrannt, gebürstet, lasiert, umwickelt mit rostigem Stacheldraht, eine Keramiktafel tragend, die auf blau-weiß-gestreiften Grund einen roten Winkel und die Ziffern 6222, Hans Eidens Häftlingsnummer im KZ Buchenwald, zeigt – eingefasst von einem goldschimmernden Messingrahmen.
Knapp fünf Zentimeter unterhalb des Beginns der Aussparung befindet sich die Tafel, jeder Millimeter ein Lebensjahr von Hans Eiden verkörpernd, der mit 49 Jahren an den Spätfolgen seiner Haft starb.
Als letztem Lagerältesten im KZ Buchenwald gelang es Hans Eiden in den ersten Apriltagen 1945 tausende jüdische Häftlinge vor der Deportation und damit vor dem sicheren Tod zu bewahren. Hieran soll die Aussparung erinnern, die einen Blick auf den jüdischen Friedhof gewährt – letzte Ruhestätte von Menschen, die die Shoah überlebt haben und nach Trier zurückgekehrt sind.
Platten und vierzehn Blöcke aus Travertin, gebrochen in einem Steinbruch in der Nähe von Weimar, in unterschiedlicher Höhe zurechtgeschnitten, umstehen in regelmäßigen Abständen den Eichenbalken. Sie gemahnen an die Häftlingsbaracken, sie erinnern an die dort festgehaltenen Menschen, an ihre Not, ihr Leid, ihre Verzweiflung. Unregelmäßig behauen und auf 45 Zentimeter gekürzt, stehen die beiden vorderen Stelen für die Befreiung des KZ-Buchenwald im April 1945.
Die Häftlingskleidung auf der Keramiktafel farbästhetisch aufgreifend, umrahmt und vollendet ein Teppich aus blau und weiß blühenden „Immergrün“ (Vinca minor) das Denkmal für einen Gerechten unter den Völkern: Hans Eiden.
Das Denkmal schufen Toni Schneider (AnCo-Holzkunst) und Daniel Klasen, Friedhofsmeister der Stadt Trier.
Text: Dr. Ulrike Winkler, 6. Dezember 2025
Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), ist seit 1932 politischer Stützpunktleiter des "Kampfbundes gegen den Faschismus" in Trier-Nord. 1936 wird er ins KZ Buchenwald eingeliefert. Ende 1944 wird er dort "Lagerältester". Er sieht seine Hauptaufgabe in der Verbesserung der Lebensumstände der Häftlinge, insbesondere der Unterbringung. In den letzten Wochen vor der Befreiung verdanken viele Häftlinge, darunter auch tausende Juden, seinem selbstlosen und mutigen Einsatz ihr Leben. Unter Einsatz seines Lebens verhindert er mehrfach todbringende Evakuierungen des Lagers und spielt eine wichtige Rolle bei der Befreiung des KZs.
Eiden kehrt nach Trier zurück und wird Abgeordneter des rheinland-pfälzischen Landtags. Als er - noch nicht fünfzig Jahre alt - an den Spätfolgen der KZ-Haft stirbt, schreibt der "Trierische Volksfreund": "Er war es, dessen besonnener Mut, dessen unbeugsame Entschlossenheit viele Zehntausende von Buchenwald-Häftlingen ihr Leben verdanken.

Hitlerportrait an der Porta Nigra
(April 1938)

Hitler bei der Durchfahrt durch Trier
(Mai 1939)
